Volksbegehren „Artenvielfalt”: Öko-Gewissensberuhigung auf Kosten der Bauern

Volksbegehren ArtenvielfaltDie ÖDP et al. haben mit ihrem Volksbegehren unter dem Slogan „Rettet die Bienen” Mitte Februar 2019 ein sensationelles Ergebnis eingefahren: Innerhalb des doch recht sportlichen Zeitraumes von nur zwei Wochen ließen sich gut 18% der Wahlberechtigten in Bayern für dieses Volksbegehren mobilisieren!

So ein Reißnagel im Hintern des bayrischen LöwenVolksbegehren funktioniert wunderbar wie der legendäre Reißnagel im Hintern des bayrischen Löwen, denn er hilft der Bayrischen Staatsregierung auf die Sprünge, Themen ernsthaft anzugehen, für die sie ansonsten zu träge oder desinteressiert ist.

Dieses Instrument der direkten Demokratie sollte m.E. viel öfter genutzt werden, auch bei noch viel grundsätzlicheren Themen.

Ich finde, wie sicher so gut wie jeder andere auch, den Schutz der Artenvielfalt im Allgemeinen und der Bienen im Besonderen gut und unterstützenswert. Allerdings sollte dies nicht zu einseitig geschehen und den ohnehin schon sehr drangsalierten Bauern nicht ohne Ausgleich die Hauptlast aufgebürdet werden. Außerdem gibt es einige wichtige Gründe für das Bienensterben, die man mit den durch das Volksbegehren angestrengten Maßnahmen nicht in den Griff bekommt.

  • Zum Thema „Artenvielfalt & Naturschönheit”gehören inhaltlich neben der Nutzung von (forst- und) landwirtschaftlichen Flächen auch andere Aspekte, so neben dem Flächenfraß m.E. vor Allem das Thema Pestizid-Verwendung, welche doch offensichtlich einen erheblichen Einfluss auf den Erhalt der Bienen (und anderer Insekten) haben. Der ÖDP-Vorschlag ist daher im Vergleich zu seinem eigenen/propagierten Anspruch bzgl. der Maßnahmen zu einseitig.
  • Die durch das Volksbegehren angestrengten Vorschriften belasten sehr einseitig die Bauern! Wer sich die – vertretbare – Mühe macht, die nicht mal 3 Seiten Text mit den vorgeschlagenen Gesetzestext-Erweiterungen durchzulesen, kann leicht sehen, dass (bis die staatliche Land- und Forstwirtschaft) außer den Bauern andere Bevölkerungsgruppen, Institutionen und Firmen nicht adressiert werden, und dass für die Bauern für die teilweise erhebliche Einschränkungen der Nutzung ihrer Landwirtschaftsflächen keinerlei Entschädigungen genannt werden!
    Dabei sollte man beachten, dass die Landwirte durch unsere gestörte Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ohnehin schon an die Wand gedrängt wurden. Kein Wunder, dass über die letzten Jahrzehnte – und auch weiterhin – immer mehr bäuerliche Betriebe aufgegeben werden und die Selbstmordrate unter Bauern erschreckend hoch ist. Das Thema wird natürlich unter den Teppich gekehrt, aber siehe dazu z.B. https://www.wir-sind-tierarzt.de/2016/11/selbstmordwelle-unter-landwirten/ und https://www.landwirt.com/Forum/530490/Selbstmorde-unter-Landwirten.html
    Der ÖDP-Vorschlag ist also auch bzgl. der Betroffenen viel zu einseitig. Dass die Abstimmung der Initiatoren mit den Betroffenen mangelhaft war, erweist nun auch in der Nachbehandlung des Volksbegehrens am Runden Tisch.

Ich stimme mit der ÖDP  überein, dass nicht weiter in Richtung Industrialisierung der Landwirtschaft gehen sollte. Vielmehr sollten die Kleinbauern gefördert oder zumindest geschont werden — aber da geht das Volksbegehren wie ausgeführt gerade in die falsche Richtung, weil kleine landwirtschaftliche Betriebe dadurch besonders hart getroffen werden. Übrigens sind gerade die Kleinbauern über den Bauernverband meist nicht vertreten.

Runder Tisch zum Volksbegehren „Artenvielfalt“

Kurz nach der Annahme des Volksbegehrens fand schon am 20.2.2019 die erste Sitzung des zu dem Thema einberufenen Runden Tisches statt. Nachdem zunächst über den Verlauf und Inhalt des Austauschs wenig bekannt wurde, zeichnete sich Anfang März ab, dass es voraussichtlich keine einvernehmliche Lösung geben wird, so dass es im Herbst 2019 wohl zu einem Volksentscheid zwischen dem ÖDP-Text und einem konkurrierenden Text, der unter Federführung der Bayrischen Staatsregierung entsteht, kommen wird.

Zum diesem Thema gibt es einen lesenswerten kleinen Artikel in der Münchner Abendzeitung, der am Beispiel des Biobauern Ralf Huber Biobauer Ralf Huberdarlegt, warum sich viele Bauern, auch wenn sie das Anliegen des Artenschutzes teilen, gegen dieses Volksbegehren gestellt haben.
Quintessenz daraus: Die Unterzeichner des Volksbegehrens beruhigen ihr „Umwelt-Gewissen”, indem sie ein Kreuzchen setzen — aber wie es umgesetzt wird, ist den Leute (größtenteils) egal. Die Lasten dürfen gern Andere (v.a. die Bauern) tragen, während selbst ein Großteil der Befürworter des Volksbegehrens nicht bereit ist, für echte Ökologie selbst etwas Konkretes zu tun oder für entsprechend Umwelt und Tiere schonende Produkte und Maßnahmen wenigstens etwas mehr Geld auszugeben.

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